Manipulation durch Musik

Manipulation durch Musik

Kaufen Sie mehr, wenn Sie die passende Musik im Laden hören? Wein, Kerzenschein und Musik funktionieren, wenn es darum geht, den Liebsten zu betören. Jedenfalls glauben die meisten daran. Kaufhausmusik hingegen wird oft nicht mal richtig wahrgenommen. Dabei ist die sogenannte Muzak, die Musik, die man an öffentlichen Orten als Hintergrundberieselung einspielt, ein Profigeschäft.

Kaufhausmusik

Viele Millionen Euro geben deutsche Einzelhändler jedes Jahr dafür aus. Muzak soll die passende Stimmung im Laden erzeugen und unangenehme Stille verhindern. Kunden sollen sich wohler und entspannter fühlen und dadurch kaufbereiter werden.

Aber die Zielgruppen sind oft sehr heterogen – manche Kunden stört diese Art Musik einfach nur. Und im Supermarkt funktioniert Muzak gar nicht, wie eine Studie gezeigt hat. In Fachgeschäften dagegen, in denen spezielle Musik zu angebotenen Waren passt, zum Beispiel in Weingeschäften, kann entsprechende Musik aus den jeweiligen Ländern scheinbar durchaus den Griff ins länderspezifische Regal fördern.

Politische Musik

Der Einsatz der Kaufhausmusik basiert hauptsächlich darauf, dass Musik Stimmungen und Gefühle hervorrufen soll. Manches löst sie selbst aus, anderes holt sie als Erinnerung aus dem Menschen hervor. Und das, ohne dass der Mensch diesen Vorgang bemerken würde. Geschieht das gegen den eigenen Willen, fühlen sich Menschen deshalb auch durch Musik manipuliert.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy beim Singen der Nationalhymne.

An die Hymne sind Nationalgefühle gekoppelt

Ein besonders sinnfälliges Beispiel dafür ist die Marschmusik. Ihr gleichmäßig stampfender Rhythmus gibt einer marschierenden Gruppe den Gleichschritt vor. Der wiederum gibt den Beteiligten das Gefühl, in der Masse der Teilnehmer aufzugehen, eins mit der Gruppe zu werden. Das nebelt das Bewusstsein regelrecht ein. Nicht nur die Nazis, sondern alle totalitären Regimes haben diesen Effekt genutzt.

Und auch die Nationalhymnen funktionieren so ähnlich. An sie sind die Nationalgefühle gekoppelt und alles, was der Mensch mit ihnen assoziiert. So missbraucht, wird Musik unversehens zu etwas Politischem. Andererseits sprechen sich auch unterdrückte Gruppen durch Musik Kraft zu.

Eine gemeinsame Musik stiftet Identität. Die Afroamerikaner haben dafür das vielleicht beste Beispiel geliefert. Während der Jahrhunderte der Sklaverei entwickelten sie eine eigene Musiksprache, einen Stil, der als Blues zu Beginn des 20. Jahrhunderts öffentlich wurde und aus dem der Jazz und später der Rock’n’Roll hervorgingen.

Gänsehautmusik

Gänsehaut.

Manche Musik macht Gänsehaut

Aber Musik löst natürlich auch unmittelbar Gefühle aus. Eine Untersuchung zeigte, dass besonders die Zunahme der Lautheit, vor allem im höheren Frequenzbereich um 1000 bis 3000 Hertz, einen starken Effekt auf die allermeisten Menschen hat: Sie bekommen eine Gänsehaut. Hier werden ganz ursprüngliche Instinkte in uns angesprochen. Es scheint ein paar musikalische Muster zu geben, die sogar im Tierreich funktionieren. Drohen zum Beispiel ist dadurch gekennzeichnet, dass es sehr tieffrequent ist und in der Lautstärke zunimmt.

Ein hoher und melodischer Klang hingegen wird, wie bei Menschen, auch bei manchen Säugetieren mit Verbrüderung assoziiert. Starke Gefühle löst auch immer der Beginn von etwas Neuem in der Musik aus. Das kann der Anfang eines neuen Abschnitts sein, aber auch der Einsatz neuer Instrumente, eines Solos oder einer Gesangsstimme. Letztere besitzt immer noch das größte Potenzial, starke Emotionen auszulösen. Am meisten rührt es uns immer noch an, wenn ein Mensch überzeugend und schön zu singen vermag.

Autor: Salim Butt